Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Begaste Rührkessel

Projekttitel:


Experimentelle Untersuchungen und numerische Berechnung begaster Rührbehälter

Projektleiter:


Prof. Dr.-Ing. M. Sommerfeld

Bearbeiter:


Dipl.-Ing. (FH) Lars Hohndorf

Schlagwörter:


begaster Rührbehälter, Volume of Fluid, Blasenkonzentration, rotierende Strömung

Kurzbeschreibung:

Ziel des Forschungsprojekts ist die Erweiterung und Anpassung des Euler/Lagrange-Verfahrens für die numerische Berechnung der Gasdispergierung in Rührbehältern. Hierzu soll ein am Lehrstuhl für die Vorhersage der Dispergierung von Feststoffpartikeln in Rührbehältern entwickeltes, dreidimensionales Berechnungsprogramm erweitert werden. Die Berücksichtigung der instationären Rührerumströmung erfolgt bei diesem Verfahren durch die sogenannte "multiple reference frame"-Methode. Diese beinhaltet, die Berechnung der turbulenten Fluidströmung im Bereich des Rührers in einem rotierenden Koordinatensystem, während die im wesentlichen stationäre Behälterströmung in einem stationären Koordinatensystem bestimmt wird. Die Kopplung beider Berechnungsgebiete erfolgt durch entsprechende Randbedingungen. Die Reynolds-gemittelten Erhaltungsgleichungen sollen zunächst mit Hilfe des k-epsilon Turbulenzmodells geschlossen werden. Zur Berechnung der Gaspolster hinter den Rührerblättern soll die sogenannte "Volume of Fluid" (VOF)-Methode implementiert werden. Hierbei ist eine zusätzliche Erhaltungsgleichung für den Gasgehalt zu lösen. Die Lage der Phasengrenzfläche wird dann dort rekonstruiert, wo der lokale Gasgehalt zwischen Eins und Null liegt.
Die Blasenphase wird bei dem Lagrangeschen Verfahren durch die Verfolgung einer Vielzahl von Blasen in dem zuvor berechneten Strömungsfeld simuliert. Dabei werden alle relevanten Kräfte berücksichtigt. Die Blasenkoaleszenz und der Blasenzerfall sollen auf der Basis von stochastischen Modellen beschrieben werden. Schließlich ist es noch erforderlich, die Wechselwirkung von Blasen mit den Gaspolstern und die Entstehung von neuen Blasen aus den Gaspolstern zu beschreiben. Hierzu gibt es bisher keine detaillierten Untersuchungen und auch keine Modellierungsansätze zur Beschreibung dieses Effekts. Daher ist es erforderlich diese Modelle in Verbindung mit detaillierten Laborversuchen in einem Rührbehälter zu entwickeln. Weiterhin sollen mit den Messungen Daten für die Validierung der numerischen Berechnungen gewonnen werden.

Für die experimentellen Untersuchungen steht ein Rührbehältermit einem Durchmesser von 400 mm zur Verfügung. Der Rührbehälter ist in einen rechteckigen äußeren Behälter eingesetzt, wodurch bei der Verwendung entsprechender Fluide der Rührbehälter im Brechungsindex angepaßt werden kann. Damit wird die Wandung des Rührbehälters für optische Analyseverfahren unsichtbar. Im Rührbehälter soll Dimethylsulfoxid als Fluid verwendet werden, dessen Stoffeigenschaften kaum von denen von Wasser abweichen, so daß problemlos Reynoldszahlen im turbulenten Bereich eingestellt werden können. Im äußeren Behälter wird ein temperiertes Wasser-Glyzerin-Gemisch verwendet. Der Leistungseintrag wird durch eine Drehmomentenmeßwelle bestimmt.
Die Form der Gaspolster hinter den Rührerblättern und die Wechselwirkung der Blasen mit den Gaspolstern wird mit einem Laserlichtschnittverfahren und hochauflösenden CCD-Kameras visualisiert. Hierfür ist der Rührbehälter auch von unten optisch zugänglich. Durch die Verwendung eines Doppelpulslasers und eines am Lehrstuhl entwickelten Auswerteprogrammes auf der Basis eines "Particle-Tracking"-Verfahrens können die Blasengeschwindigkeiten, die Blasenkonturen und die Blasengrößen bestimmt werden. Damit ist es möglich, die Eigenschaften der Blasen in fast allen Bereichen des Rührbehälters zu bestimmen. Erweiterungen des Auswerteprogrammes sind nur zur Bestimmung der Blasenkonzentration erforderlich. Zur Ermittlung der Fluidgeschwindigkeit in der Blasenströmung können weiterhin fluoreszierende Tracer-Partikel zugegeben werden. Durch die Verwendung von zwei CCD-Kameras mit entsprechenden optischen Bandpassfiltern können die Geschwindigkeiten beider Phasen simultan bestimmt werden.



Nach Beendigung des Projekts soll es erstmalig möglich sein, die Dispergierung von Gas in einem Rührbehälter mit Hilfe des Euler/Lagrange-Verfahrens detailliert numerisch zu berechnen. Dies geht weit über den derzeitigen Entwicklungsstand hinaus, da derartige Prozesse meist nur mit einem einfachen Zweifluid-Verfahren ohne Berücksichtigung der Blasengrößenverteilung berechnet werden. Mit den vorgeschlagenen Entwicklungen können schließlich auch kleine und mittelständische Firmen bei der zuverlässigen Auslegung von Dispergierprozessen in Rührbehältern wesentlich besser unterstützt werden.

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